Die Bedeutung von Weihnachten + eine weihnachtliche Geschichte

 Die Bedeutung von Weihnachten
Die Bedeutung von Weihnachten

Die Bedeutung von Weihnachten: Für ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander, in dem wir die anderen so akzeptieren, wie sie sind.

Wie sieht Deine Bedeutung von Weihnachten aus?

Den Beitrag könnt Ihr auch auf YouTube ansehen.

Die Bedeutung von Weihnachten + eine weihnachtliche Geschichte

Für mich ist die Weihnachtszeit eine ganz besondere Zeit. Alles erstrahlt im festlichen Glanz und bringt Licht in die Dunkelheit. Der Plätzchenduft tut sein Übriges:-)

Etwas Magisches liegt in der Luft, die Leute wirken freundlicher – ignorieren wir an dieser Stelle die vorweihnachtlichen, ausufernden Einkaufstouren – insbesondere am Weihnachtstag liegt eine freudige Aufregung in der Luft. Wenn wir an diesem Tag unsere letzten Lebensmitteleinkäufe tätigen und uns gegenseitig frohe Weihnachten wünschen in unserem Dorf, prägt eine besondere Freundlichkeit diese Atmosphäre (bestimmt bin ich auch durch diverse Weihnachtsfilme beeinflusst, die ich mich jedes Jahr durch die Weihnachtszeit begleiten:-)

Das ist für mich die wahre Bedeutung von Weihnachten: Das Fest der Liebe. Andere zu akzeptieren, so wie sie sind und ein respektvolles, wertschätzendes Miteinander. Ich weiß, dass kann mitunter sehr herausfordernd sein und wir werden dabei immer wieder an unsere Grenzen kommen, aber wir können es versuchen, immer wieder aufs Neue. Und wir werden feststellen, dass das etwas mit uns macht: Wir werden mehr Zufriedenheit und Herzenswärme finden, anderen gegenüber und – ganz wichtig – uns selbst gegenüber. Benötigen wir nicht gerade jetzt, während der Coronapandemie, ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander, geprägt durch Herzenswärme? Nur gemeinsam können wir etwas gegen den Virus ausrichten.

Und nun zu meiner Geschichte:-)

Vera von Bettina Bonkas

 Das würde ein scheiß Weihnachtsfest werden. Ich zog mir die Decke über den Kopf. Am liebsten würde ich den Tag im Bett verbringen, aber ich war zur Kur, da ging das leider nicht. Ich stand auf, ganz langsam, und führte meine morgendliche Toilette ebenso langsam durch, als ob ich damit das Kur-Personal bestrafen könnte – ich hatte einfach keinen Bock auf das Ganze. Aber wenn ich ehrlich mit mir selbst war, spürte ich, dass ich eine Auszeit brauchte.

 Ich schaute auf dem Raumplan nach, wo das therapeutische Malen stattfinden würde. Boykottierte ich damit etwa den Erfolg meiner Kur? Ich hasste Malen. Na ja, vielleicht nicht ganz hassen, aber ich hatte das Talent einer Vierjährigen. Malen gab mir einfach nichts. Ich ging die verwinkelten Gänge entlang, bis ich schließlich in einem großen Raum landete, direkt unter dem Dach. Die Holzbalken waren frei gelegt, durch die Fenster schien die Dezembersonne hinein. Ein wärmendes Licht durchflutete den Raum.

Hallo. Ich bin Vera, Vera Schönfelder. Aber wir duzen uns hier alle im Kurs.“ Die Therapeutin hielt mir lächelnd ihre Hand entgegen.

 Was für eine schöne Frau. Zum ersten Mal musste ich bei Schönfelder nicht an die Gesetzessammlung denken, an die wohl jeder Jurist bei diesem Namen denken muss, sondern wie passend das Wort „schön“ in ihrem Nachnamen war. Vera Schönfelder erinnerte mich total an Iris Berben. Wie diese hatte sie lange dunkelbraune wellige Haare. Sie hatte ein offenes Lächeln, ihre Grübchen gaben ihr etwas Schelmisches und ihre braunen Augen blitzten vor Elan. Sie trug große silberfarbene Creolen, ein türkisblaues Tuch locker um den Hals geschlungen und passend dazu ein farbenfrohes langes Kleid, zu dem sie dunkelblaue Stiefel trug, die dem Ganzen einen irgendwie unabhängigen Look gaben. Ich schätzte Vera Schönfelder so Anfang 60, ihr Alter war schwer zu bestimmen. Sie wirkte einfach cool und unabhängig.

Hallo, ich bin Tegan.“ Ich nahm ihre Hand und schüttelte sie. Ihr Händedruck war angenehm fest.

Was für ein schöner Name. Sehr außergewöhnlich. Woher kommt der Name Tegan?“

 Das war keine höfliche Frage, Vera schien ehrlich interessiert.

Meine Mutter war Engländerin, aber der Name kommt ursprünglich aus dem Walisischen. Man schreibt es T-e-g-a-n, spricht es aber Tiigen aus.“

Willkommen Tegan. Da hinten an der Staffelei direkt am Fenster ist dein Platz für heute.“

 Vera begrüßte die Anwesenden. Ich bekam nur am Rande mit, was sie über die sich zurückziehende Natur im Herbst sagte. Meine Gedanken schweiften ab. Was meine Kollegen jetzt wohl machten? Hoffentlich hatte ich beim Entwurf für die Betriebsvereinbarung zum Gehaltssystem an alles gedacht…
Ich bekam plötzlich mit, wie sich eine Bewegung durch den Raum zog. Vera hatte aufgehört zu sprechen. Erst jetzt fiel mir auf, dass in der Mitte des Raumes ein Korb stand, in dem eine Kerze in einem Glas brannte. Um die Kerze waren Tannenzapfen und Tannenzweige mit Äpfeln, Zimtstangen und kleinen Holzsternen dekoriert. Weitere Tannenzweige lagen lose um den Korb herum. Auf einer kleinen Staffelei stand ein gemaltes Bild von diesem Motiv. Die anderen Teilnehmer malten die Szene ab oder komplett etwas anderes. Alle waren beschäftigt. Ich fühlte, wie sich innerlich ein Druck bei mir ausbreitete. Ich schien die Einzige im Raum zu sein, die wirklich kein Interesse am Malen hatte. Aber dann blickte ich auf Vera. Sie schien die Teilnehmer zu beobachten mit einer Mischung aus einer zugewandten und liebevollen Gelassenheit. Vera gab mir das Gefühl von Sein: „Was auch immer du machst, ist in Ordnung.“ Ich begann zu malen.

 Ab diesem Tag fühlte ich mich Vera verbunden. Von allen Angeboten der Klinik hat mir die Zeit mit ihr am meisten geholfen. Auch über meinen Kuraufenthalt hinaus blieben wir in Kontakt, wir wohnten zufälligerweise nicht weit voneinander entfernt. Ich malte nach wie vor nicht gut, aber das war nicht wichtig. Zum ersten Mal in meinem Leben genoss ich es, etwas zu machen, wofür ich kein Talent hatte. Mein Malen war völlig absichts- und zweckfrei. Es fühlte sich gut an. In Veras Gegenwart konnte ich sein. Ich musste mich nicht beweisen, ich war einfach ich mit meinen Stärken und Schwächen. Meine Schwächen waren nicht wichtig.

 Das war für mich extrem wohltuend. Meine Mutter war bei der Geburt meines kleinen Bruders gestorben, ich kann mich gar nicht richtig an sie erinnern. Mein Vater hat sich sehr viel Mühe mit uns beiden gegeben und dafür habe ich ihn sehr lieb, aber es war immer ein bisschen too much. Er wollte alles richtig machen, das konnte anstrengend sein. Uns sollte es an nichts fehlen, also stellte er sicher, dass wir mindestens ein Musikinstrument lernten, mehrere Sportarten ausübten, andere Länder & Kulturen erforschten, schulisch herausgefordert wurden und schöne Geburtstage feierten – kurzum uns mangelte es an nichts. Aber die Leichtigkeit fehlte. Vera wurde eine mütterliche Freundin für mich. Bei ihr bekam ich die Wärme, nach der ich mich immer so gesehnt hatte und Akzeptanz: Sie nahm mich so, wie ich war.

 Leider waren uns keine 10 Jahren zusammen gegönnt. Vera starb ganz unverhofft. Beim Malen hatte sie einen Herzinfarkt, sie war vor ihrer Staffelei zusammengebrochen. Ihre Nachbarin fand sie dort, nachdem Veras Hund nicht aufgehört hatte zu bellen. Ich wusste, dass Vera an einem Herzfehler litt, aber musste sie so früh sterben? Ganz friedlich lag sie später auf ihrem Totenbett. Ihr Mund war leicht geöffnet, es wirkte so, als ob sie lächelte. Davon bekam ich anfangs nichts mit, ich weinte bitterlich. Der Schmerz um ihren Tod schien mich zu erdrücken. Ich weiß nicht, wie lange ich an ihrem Totenbett gesessen hatte, plötzlich war es mir, als ob ich ihre Hand auf meinem Hinterkopf spürte und sich vor meinen inneren Augen ein Stück Himmel auftat. Der tiefe Schmerz war noch da, aber gleichzeitig spürte ich eine innere Ruhe. Irgendwann, es war schon dunkel, fuhr ich schließlich nach Hause. Timmy, ihren Hund, nahm ich mit.

 Im Jahr von Veras Tod habe ich Weihnachten nur mit Timmy gefeiert. Ich hatte kurz zuvor Thomas kennengelernt. Er wollte mich erst nicht alleine feiern lassen, aber er spürte, dass es mir wichtig war. Thomas ist ein sehr feinfühliger Mann. Er steht mit beiden Beinen fest im Leben, gleichzeitig ist er sehr sensibel. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, in einer Beziehung angekommen zu sein.

 Es ist jetzt ein Jahr und nicht ganz zehn Monate her, dass Vera gestorben ist. In Gedanken bin ich täglich bei ihr. Seit einem ¾ Jahr wohnen Thomas, Timmy und ich zusammen. Leon, sein Sohn aus seiner früheren Beziehung ist im Wechsel vier Tage bei seiner Mutter und drei Tage bei uns. Dieses Jahr feiern wir Weihnachten mit Leon zusammen. Es war eine sehr seltsame Vorweihnachtszeit, so ganz ohne Weihnachtsmärkte, aber die Coronazeit generell ist eine besondere Zeit. Gestern Abend haben wir den Weihnachtsbaum zusammen geschmückt. Das war wunderschön. Trotz des besonderen Vorweihnachtsstresses, ich bin jetzt Personalleiterin in einem mittelständischen Unternehmen, fühle ich mich entspannt. Mit dem neuen Job kam eine neue Verantwortung auf mich zu. Aber ich habe diese bewusst gewählt. Ich konnte nicht wie Vera meinen alten Job aufgeben, dazu fehlte es mir an Mut. Sie war früher Unternehmesberaterin gewesen. Nach der Scheidung von ihrem Mann gab sie ihrem Leben einen neuen Anstrich und ließ sich zur Maltherapeutin ausbilden. Veras Mut habe ich nicht. Aber ich fühle mich meiner neuen Aufgabe gewachsen. Ich bin gelassener geworden. Und ich habe gelernt, mir Zeit für mich zu nehmen: Online bin ich jetzt Teil einer Storytelling-Community, ich liebe es, Geschichten zu erzählen. Malen ist immer noch nichts für mich, wird es vermutlich auch nie werden; dazu fehlt mir Vera an meiner Seite.

 Ich mag die Weihnachtszeit. Es ist für mich die Zeit der Reflektion, des nach innen gehen. Heute Abend ist Heiligabend. Am Morgen, als ich die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legte, war es mir, als ob ich Vera hinter mir spürte. Ein unglaublich schönes Gefühl von innerer Wärme und tiefer Ruhe durchströmte mich. Wie ein Engel war sie in mein Leben getreten und hatte Licht in dunkle Stellen gebracht – dafür werde ich ihr auf ewig dankbar sein. Vera würde jetzt sagen: „Es steckt alles dir. Ich habe nur ein bisschen nachgeholfen, dein Licht zum Leuchten zu bringen.“

 Ich wünsche jedem seine persönliche Vera.

Frohe Weihnachten und ein frohes & vor allem gesundes neues Jahr.

Vielleicht hat Dich meine Geschichte inspiriert, im nächsten Jahr etwas für Dich zu tun.

Ich würde mich freuen, Dich bei einem Training zu treffen.

Anmerkung zum „Du“: Mit dem Du überbrücke ich die Distanz, die zwischen uns, die wir uns nicht persönlich kennen, besteht.

Übrigens, wenn Du bei Sprache im Menü oben auf Englisch klickst, kannst Du diesen Beitrag auf Englisch lesen.

Dir hat mein Beitrag gefallen? Dann freue ich  mich, wenn Du ihn, falls Du auf Social Media bist, teilst. Wenn Du meinen Newsletter abonnierst, erhälst Du meine Beiträge automatisch.

Bettina Bonkas, Coaching + Training | Im Ärmchen 3, D-61273 Wehrheim im Taunus | Contact | Impressum | Data Protection | Datenschutz Cookie-Settings | Cookie-Einstellungen